Artikel vom 15.05.2007, Druckdatum 22.11.2024

BSW: Fragwürdige Gutachten zur Vorbereitung des dritten Energiegipfels

Ein vom Bundeswirtschaftsministerium für den dritten Energiegipfel Ende Juni in Auftrag gegebenes Gutachten weist der Kernenergie eine zentrale Rolle für die deutsche Klimaschutzpolitik zu. Gleichzeitig werden den Erneuerbaren die höchsten Differenzkosten bei der Einsparung von klimaschädlichem Kohlendioxid attestiert. Nach Auffassung des Bundesverbands Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) ist das Gutachten trotz der vorzeitigen Veröffentlichung bereits heute durch die realen politischen Entwicklungen überholt.

Die gemeinsam vom Energiewirtschaftlichen Institut Köln (ewi) und der Prognos AG Basel erstellte Studie berechnet den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 für drei Szenarien - eines auf Grundlage der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag (Verdoppelung der Energieproduktivität), eines mit verstärktem Einsatz der Erneuerbaren (gemäß Leitszenario des Bundesumweltministeriums) und eines, das eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke um 20 Jahre unterstellt.

Das Ergebnis der Gutachter: In allen drei Szenarien kann das angestrebte Ziel einer Kohlendioxid-Reduktion um 40 Prozent bis 2020 erreicht werden. Dabei schneidet das Kernkraftwerks-Szenario mit einer Verminderung von rund 45 Prozent am besten ab, mit dem verstärkten Ausbau der Erneuerbaren könnten 41 Prozent und im Szenario „Koalitionsvertrag“ 39 Prozent erreicht werden. Bei der Kostenbetrachtung wird die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke mit nur 139 Millionen Euro im Jahr 2020 als günstigste Variante dargestellt, um das Klimaziel zu erreichen. Der Ausbau der Erneuerbaren hingegen ist mit 4,5 Milliarden Euro Mehrkosten im Jahr 2020 die teuerste Variante.

Das Gutachten, das eigentlich erst zum Energiegipfel Ende Juni präsentiert werden sollte, ist nach Auffassung des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) trotz der vorzeitigen Veröffentlichung bereits heute durch die realen politischen Entwicklungen überholt. Die Europäische Union hat unter der Ratspräsidentschaft Kanzlerin Merkels auf dem europäischen Gipfeltreffen im März mit dem Ziel 20 Prozent bis 2020 ein klares und verbindliches Signal für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren gesetzt.

Entscheidender sind jedoch die völlig unrealistischen Grundannahmen des Gutachtens zur zukünftigen Entwicklung der Öl-, Gas- und Strompreise, die zu den überhöhten Mehrkosten der Erneuerbaren führen. So wird in allen drei Szenarien von einem bis 2020 auf 65 Dollar/Barrel (real: 49 Dollar) sinkenden Ölpreis und konstant bleibenden Gaspreisen ausgegangen. Auch die Preise für Strom und Kohlendioxid-Zertifikate sollen nach Meinung der Gutachter bis 2020 gegenüber dem heutigen Niveau um jeweils rund 20 Prozent sinken.

In einer ersten Reaktion äußerste sich Bundesumweltminister Gabriel erfreut darüber, dass die Gutachter des Wirtschaftsministeriums bestätigt haben, dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung mit Hilfe des Ausbaus der Erneuerbaren Energien erreicht werden können.

Der BSW-Solar erwartet, dass die Gutachten während des Energiegipfels als Kronzeugen dafür herhalten sollen, erneut eine Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke zu thematisieren.

Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar)
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