Artikel vom 08.02.2006, Druckdatum 22.11.2024

Erneuerbare Energien noch zu wenig genutzt

dpa - Mit der Forderung nach stärkerem Ausbau der erneuerbaren Energien im Südwesten haben die dafür zuständigen Fachverbände eine politische Kontroverse ausgelöst. Biomasse Wind- und Wasserkraft könnten einen erheblich größeren Beitrag zum Klimaschutz und zur Unabhängigkeit in der Energieversorgung leisten als bisher, erklärten die Sprecher der Verbände am Dienstag in Stuttgart. Sie zeigten sich überzeugt, dass es gelingen könnte, auch die Versorgungslücke nach der schrittweisen Abschaltung der Atomkraftwerke in den kommenden 15 Jahren durch erneuerbare Energie weitgehend zu schließen, wenn der politische Wille dazu bestehe.

SPD und Grüne warfen der CDU/FDP-Landesregierung vor, ein wichtiges Zukunftsthema zu verschlafen. Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wies die Kritik zurück und kündigte an, der Anteil der regenerativen Energieträger an der Stromerzeugung soll bis 2020 von derzeit knapp neun auf etwa 20 Prozent mehr als verdoppelt werden. 

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden- Württemberg, Julian Aicher, betonte: „Bei den erneuerbaren Energien kann und muss noch mehr getan werden.“ Die durch Wasserkraft erzeugte Strommenge von etwa fünf Milliarden Kilowattstunden pro Jahr könnte durch bessere Generatoren in den bestehenden großen Staustufen und durch Ausbau der kleinen Kraftwerke in etwa verdoppelt werden. Bei den kleinen Mühlen sei ein Zuwachs der Stromproduktion um 55 Prozent möglich. 

Allerdings werde dies durch bürokratische Genehmigungsverfahren gebremst. Zudem ist nach Aichers Worten geplant, bei bestehenden Wasserkraftwerken in so genannte Altrechte einzugreifen. Dies sind meist auf alten Rechtstiteln beruhende Erlaubnisse zur zeitlich unbegrenzten Nutzung. Das würde aber erhebliche Rechtsunsicherheit und für die Betreiber Probleme bei der Kreditvergabe zur Folge haben. 

Für den Bundesverband Windenergie forderte Landeschef Josef Pesch die CDU/FDP-Landesregierung auf, ihre Vorbehalte gegen die Windkraft aufzugeben. Im Südwesten seien im vergangenen Jahr ganze neun Windanlagen neu gebaut worden, während im Nachbarland Bayern 20 und in Nordrhein-Westfalen 120 Windräder errichtet wurden. „Die Negativpropaganda“ des früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) wirke noch immer nach, kritisierte Pesch. Er forderte, das Landesplanungsgesetz wieder zu ändern, das den Bau der Rotoren nur in ganz bestimmten Regionen zulässt. „Viele Kommunen würden gerne bauen“, berichtete Pesch. 

Die örtlichen Konflikte mit Anwohnern werden nach seiner Überzeugung häufig von interessierter Seite geschürt. In Gegenden, wo Windräder stehen, gebe es meist keine Klagen. Der Schutz des Landschaftsbildes sei zwar wichtig, sagte Resch. Aber angesichts der zunehmenden Klimaveränderung seien Einschränkungen hinnehmbar, zumal eine Anlage nach mehreren Jahren Nutzungsdauer beispielsweise im Unterschied zu einem Atomreaktor unproblematisch wieder abgebaut werden könne. 

Der Fachverband Biomasse äußerte sich hingegen zufrieden mit der Unterstützung durch das Land, insbesondere durch das Ministerium Ländlicher Raum. Auch die Energie Baden-Württemberg (EnBW) sei sehr kooperativ beim Ausbau von Biogasanlagen, sagte Verbandssprecher Siegfried Wucher. Schwierigkeiten gebe es vereinzelt mit der Genehmigung durch die Landratsämter, weil die Anlagen mittlerweile immer größer würden.
 
Die erneuerbaren Energieträger haben im Jahr 2004 nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Stuttgart 8,1 Prozent zur gesamten Stromerzeugung in Baden-Württemberg beigesteuert. Der Wert ist erheblichen Schwankungen unterworfen, da die Wasserkraft den größten Anteil (2004: 6,1 Prozent) bildet. So lieferten im Jahr 2002 regenerative Energieformen 9,1 Prozent Strom Ein Jahr später, als die Flüsse im Jahrhundertsommer nur wenig Wasser führten, sank der Wert der erneuerbaren Energie im Land auf 7,0 Prozent.

An die zweite Stelle der erneuerbaren Energieformen ist im Jahr 2004 die Biomasse mit einem Anteil von 0,7 Prozent an der Bruttostromerzeugung gerückt. Deponiegas lieferte einen Anteil von 0,4 Prozent, Biogas 0,2 Prozent, die Nutzung von Windenergie trug 0,4 Prozent und die von Klärgas 0,2 Prozent bei. Der in Solarzellen aus Sonnenlicht direkt erzeugte Strom machte 0,2 Prozent an der gesamten Stromproduktion im Südwesten aus.

Quelle: dpa, verivox
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