Artikel vom 28.08.2007, Druckdatum 25.11.2024 | |
Jordanien empfängt das Solartaxi mit offenen Armen Louis Palmer ist mit seinem Solartaxi mittlerweile in Jordanien angekommen. Die jordanische Königsfamilie – insbesondere Prinz Hassan, Onkel des heutigen Königs Abdullah II und Club-of-Rome-Präsident – gilt als sehr aufgeschlossen gegenüber Erneuerbaren Energien. Jordanien war das erste Land des Nahen Ostens, das das Kyoto-Protokoll unterzeichnet hat. Zuvor hatte das Solartaxi die Türkei, Syrien und den Libanon durchquert, und macht sich nun auf den Weg nach Saudi-Arabien. „Ich bewundere Innovationen mit Sonnenenergie!“ so Prinz Hassan gegenüber Louis Palmer. Prinz Hassan ist der Bruder des verstorbenen Königs Hussein und Onkel des heutigen Königs Abdullah II von Jordanien. Er gilt als die Nummer zwei im Land – und ist als Club of Rome-Präsident ein großer Fan der Solarenergie Er ist außerdem Mitglied in der TREC der Trans Mediterranean Renewable Energy Cooperation, einem internationalen Netzwerk von Energieexperten, die sich für die Kooperation Europas mit den sonnenreichen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens stark machen. Pro Jahr fällt auf jeden Quadratmeter Wüste solare Energie, die 1,5 Millionen Barrel Öl entspricht. Multipliziert mit der Fläche aller sonnigen Wüsten der Welt, käme man auf die 1.000fache Menge an Energie, die derzeit weltweit verbraucht wird. In Amman präsentiert der Ingenieur Malek Kabariti Louis Palmer die TREC Idee. „Nach dieser Präsentation bin ich überzeugt, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir den Großteil unseres Stroms aus Nordafrika und dem Mittleren Osten beziehen“, notiert Palmer in seinem Solartaxi-Reisetagebuch. Zuvor hatte sich der Solarpionier nach einigen Aufregungen in Istanbul – der Begleitbus war von Bauarbeitern kurzerhand einen halben Meter „weggeparkt“ worden und das Solartaxi entkam einer aus dem 5. Stock gefallenen (oder geworfenen) Blumenvase nur dadurch, dass es in der Technischen Universität geparkt war – nach Ankara aufgemacht. Louis Palmer staunt nicht schlecht: „Hier, inmitten der Türkei, stehen Berge wie in der Schweiz, überzogen mit Wäldern wie in Kanada!“ In Ankara selbst, auf der anatolischen Hochebene, erinnert ihn die Landschaft dann eher an Afghanistan. Trockenes Gras, grüne Hecken und viel Staub, dazwischen schwarze Schafe und im Hintergrund braune Berge. Dazu endlich mal etwas kühlere, etwas angenehmere Temperaturen, notiert der Schweizer. Dennoch: In Ankara herrscht extreme Trockenheit, weswegen das Wasser rationiert wird. „Das Thema Klimawandel ist auch hier in aller Munde. Und plötzlich betrifft es jeden, spätestens dann, wenn man keine Kleider mehr waschen, keine Dusche mehr nehmen oder die Klospülung nicht mehr betätigen kann“, so Palmer. Auf dem Weg nach Kappadokien, der „bizarren Landschaft mit den Sandsteintürmen“, werden Louis Palmer und sein aktueller Begleiter Ozan von zwei Iranern angemacht. Sie sind beim Anblick des Solartaxis überzeugt davon, endlich den Grund der Medienpropaganda in ihrem Land über die globale Erwärmung gefunden zu haben: „Seit einem Jahr hören wir in den Medien laufend über die globale Erwärmung. Wieso haben wir vorher nie etwas davon gehört? Das ist doch alles nur Propaganda! Man will uns jetzt einfach neue Autos verkaufen, und hier sehen wir nun endlich so ein Auto!" Mit einem Empfehlungsschreiben der Schweizer Botschaft aus Damaskus geht es weiter Richtung Syrien. Palmer notiert: „Keine Ahnung, was drin steht, es ist ja alles auf Arabisch geschrieben, aber jedenfalls werde ich es morgen auf die Windschutzscheibe des Solartaxis kleben und so an der Grenze zu Syrien vor all den Grenzbeamten aufkreuzen. Denn wir haben schon so viele Geschichten gehört, wie schwierig der Zoll in arabischen Ländern ist, da wollen wir einfach sicher gehen und sofort informieren, dass wir da rein wollen.“ Erst lief auch alles ganz reibungslos am Grenzübergang Türkei – Syrien. Doch dann stellte der Zöllner in seinem Computersystem fest, dass Palmer nicht mit einem Solartaxi, sondern mit einem bulgarischen Auto in die Türkei eingereist sei. Da wurde es brenzlig, und erst die telefonische Intervention des Schweizer Honorarkonsuls half, doch noch nach Syrien einzureisen. Es war nicht die letzte brenzlige Situation für das Solartaxi: Erst rammte ein syrisches Taxi den Anhänger, und der Polizist, der kurz vor dem Unfall in den Begleitbus eingestiegen war, sollte nicht der letzte auf der Fahrt durch das Land im Mittleren Osten gewesen sein. Ergeben notiert Palmer irgendwann in seinem Reisetagebuch: „Die Polizisten gehören mittlerweile zu unserer Crew.“ Auch an der libanesischen Grenze gibt es erst einmal Probleme: „Das interessiert uns nicht!“, zischt der Zöllner, als ihm Louis Palmer das Schreiben des syrischen Verkehrsministers zusammen mit dem Empfehlungsschreiben der Schweizer Botschaft zeigt. Die Einreise in den Libanon dauerte dann drei Stunden und kostete 60 Dollar Schmiergeld, um das Solartaxi - ohne Anhänger und ohne Begleitbus - in den Libanon zu bringen. Im Libanon erwartet die Solartaxi-Crew eine neue Erfahrung: Das ungewöhnliche Gefährt wird im Libanon schlicht ignoriert – keine neugierigen Fragen, keine interessierten Zuschauer. Dafür kümmern sich Hisbollah-Milizen freundlich um Louis Palmer und seine Mitfahrer. „In 48 Stunden näherte sich uns kein einziger Mensch, um Fragen zu stellen. Und noch nie in meinem Leben habe ich so viele Mercedes und Hummer gesehen wie hier“, notiert Palmer. Zum Abendessen trifft sich der Schweizer mit vier Umweltaktivisten. „Umweltschutz ist leider kein Thema im Libanon“, machen die vier deutlich. „Hier haben die Menschen andere Sorgen, es geht darum, wie man hier überleben kann. Immerhin hatten wir vor zwei Wochen in Beirut einen neuen Temperaturrekord. 36 Grad hatten wir hier vorher noch nie! Aber in der Zeitung haben wir erst einmal etwas von globaler Erwärmung gelesen! Kaum jemand hier weiß, dass es die globale Erwärmung gibt!“ Nach einer auch nicht gerade erfreulichen Begegnung mit den Hisbollah-Milizen in einem vom Krieg stark zerstörten Stadtteil Beiruts, wird die Solartaxi-Crew aus dem Libanon verabschiedet, wie sie empfangen wurde: An der libanesischen Grenze meint der Zöllner: „Endlich sind wir euch los! Und kommt ja nie wieder!“ Der Empfang in Jordanien könnte nicht gegensätzlicher sein: Kurze Zollformalitäten und die gesamte Presse des Landes kommt zur Pressekonferenz. Auch der jordanische Umweltminister war gekommen. Am Steuer des Solarmobils drehte er ein paar Runden um die rund hundert geladenen Gäste. Sichtlich angetan von der Idee, dass man Solarstrom auch ins Netz einspeisen und an einem anderen Ort aus dem Netz wieder beziehen kann, lud er Palmer fürs nächste Aufladen ins Ministerium ein. Jordanien müsse das auch machen, meinte er, und machte sich mit seinem Hybridauto aus dem Staub. Bei der Royal Scientific Society begrüßt die Leiterin, Prinzessin Sumaya, die Solartaxi-Crew. Nach einer Testfahrt ruft sie gleich ihren Vater an, Prinz Hassan Ibn Talal, Bruder des verstorbenen Königs Hussein und Präsident des Club of Rome. Der ist so begeistert, dass er sofort eine Runde mit dem Solartaxi dreht. In Amman bleibt die Crew einige Tage, weil sie auf das Visum zur Weiterfahrt nach Saudi-Arabien warten muss. Die Zeit nutzt Palmer, um sich über die besonderen Umweltprobleme Jordaniens zu informieren. Quelle: Solartaxi, SPIEGELonline |