Artikel vom 11.12.2007, Druckdatum 22.11.2024 | |
DIW: Russische Energiepolitik könnte zu Lieferengpässen führen Die hohe Subventionierung des heimischen Energieverbrauchs, mangelnde Investitionen zur Steigerung der Energieförderung und mangelnde Energieeffizienz könnten dazu führen, dass Russland künftig seine Lieferverpflichtungen, insbesondere nach Europa, nicht mehr einhalten kann. Zudem könnte Russland im kommenden „Post-Kyoto“ Klimapolitikprozess künftig eher eine bremsende Funktion einnehmen. Dies sind zentrale Ergebnisse einer Untersuchung zur russischen Energiepolitik des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Zugleich prophezeit das DIW Berlin eine Krise der russischen Energiepolitik: Bei einer Fortsetzung der aktuellen Strukturen seien weder die selbstgesteckten Ziele größerer Exporterlöse noch die Erwartungen des Westens hinsichtlich Klimaschutz und Versorgungssicherheit zu erreichen. Produktion und Export von Erdöl und Erdgas sind in Russland in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Diese Entwicklung soll sich nach der offiziellen russischen Energiestrategie auch fortsetzen. Neben erhöhten Investitionen sind dafür allerdings Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und damit zur Senkung des inländischen Verbrauchs notwendig. Der Energiesektor hat eine wachsende Bedeutung für die russische Wirtschaft, der Anteil der Energieexporte an den gesamten Güterexporten betrug zuletzt 61 Prozent. Etwa 70 Prozent der russischen Rohöl- und Erdgasexporte gingen 2005 in die erweiterte Europäische Union. Die EU bezog umgekehrt etwa ein Drittel ihrer Öl- und Erdgasimporte aus Russland. „Angesichts der wachsenden Energielastigkeit seines Außenhandels wird Russland auf lange Sicht seine einseitige Strukturpolitik überdenken müssen“, sagte die Energieexpertin des DIW Berlin, Prof. Dr. Claudia Kemfert. Um mögliche Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft zu begrenzen, wurde 2004 ein Stabilisierungsfonds eingerichtet, der die Effekte der Ölpreissteigerungen auffängt. Für Deutschland und Europa könnten langfristig Engpässe auftreten, weil Europa mit anderen Abnehmerländern wie China um russische Energielieferungen konkurriert. „Das Stiefkind der russischen Energiepolitik ist die Klimapolitik“, sagte Claudia Kemfert. Da die russische Wirtschaft - und damit der Energieverbrauch und die CO2 Emissionen - stark wächst, sind konkrete Emissionsminderungsziele für Russland derzeit wenig realistisch. Als zentrale Trends der russischen Energiepolitik prognostiziert das DIW Berlin: - Da bei derzeitigen Produktionsniveau die russischen Ölreserven in etwa 22 Jahren verbraucht sind, müssten künftig kleinere Ölfelder in entlegeneren Regionen aufgeschlossen werden. - Der Anteil der Investitionen in den russischen Energiesektor müsste deutlich gesteigert werden. Die unzureichenden politischen Rahmenbedingungen behindern nach wie vor das Engagement von ausländischen Unternehmen im russischen Energiesektor. - Der inländische Energieverbrauch muss gesenkt werden. Die Energieeffizienz muss gesteigert werden. Dies wird durch die hohe Subventionierung der inländischen Energiepreise verhindert. - Russland wird künftig eine eher bremsende Rolle beim Klimaschutz einnehmen. Da Russland ein stark wachsendes Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen aufweist und zudem die Wirkungen des Klimawandels als positiv für die russische Wirtschaft einstuft, wird der Klimaschutz eine untergeordnete Rolle spielen. Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) |