Artikel vom 17.06.2008, Druckdatum 22.11.2024 | |
SFV zur EEG-Novelle: Konzerninteressen vor Klimaschutz Zur vom Deutschen Bundestag am 6. Juni beschlossenen schnelleren Absenkung der Einspeisevergütung für Strom aus Fotovoltaik meldet sich auch der unabhängige Solarenergie Förderverein Deutschland (SFV) zu Wort: Die neuen Bedingungen werden viele Handwerksbetriebe zum Aufgeben zwingen, fürchtet der SFV. Und er bemängelt, dass beim Feilschen um Prozentzahlen ein wichtiger Aspekt völlig aus dem Blickfeld geraten war: Die Frage, ob die Menschheit es noch rechtzeitig schafft, die konventionellen Energien durch erneuerbare zu ersetzen. Zwar habe der Bundestag die Einspeisevergütung nicht um 30 Prozent, wie die Hardliner der Stromwirtschaft, die Abgeordneten Laurenz Meyer und Dr. Joachim Pfeiffer (beide CDU/CSU) gefordert hatten, gesenkt, sondern „nur“ um 8 Prozent jährlich, so der Geschäftsführer des SFV, Wolf von Fabeck. Außerdem gibt es keinen Bonus mehr für den Bau von Fassadenanlagen. Und für große Anlagen über 1.000 kW wird die Vergütung sogar um 25 Prozent gesenkt. Bis jetzt betrug die jährliche „Degression“ der Vergütung 5 Prozent und schon dieser Senkung der Einspeisevergütung konnten viele Solarinstallateure laut von Fabeck in den letzten zwei Jahren nicht mehr folgen. Nun müssten sie zukünftig ihre Preise noch schneller senken als bisher, sogar mehr als anderthalb mal so schnell. Viele dieser Handwerksbetriebe werden unter diesen Bedingungen im nächsten Jahr aufgeben müssen, fürchtet der SFV-Experte. Wolf von Fabeck: „Hier geht es jedoch nicht nur um die Existenz einer neuen Handwerksbranche und um die Führungsrolle der deutschen Solarindustrie in der Welt, sondern es geht um mehr. Es geht um unsere Zukunft angesichts der aufziehenden Klimakatastrophe. Es geht um die Frage, ob die Menschheit es noch rechtzeitig schafft, die konventionellen Energien durch Sonne Wind, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie zu ersetzen. Wieder wurde eine Chance vertan.“ Die Solarenergie die mittelfristig einen Löwenanteil zur Vollversorgung beitragen kann, sei den kurzsichtigen und durchschaubaren Interessen der konventionellen Energiewirtschaft geopfert worden. Die konventionelle Energiewirtschaft empfinde nämlich gerade die Solartechnik mit ihren Möglichkeiten der Dezentralisierung als Gefährdung ihrer zentralen Strukturen und ihrer Marktmacht. Insofern ist die vom Bundestag getroffene Entscheidung zur Solarstromvergütung im EEG nach Ansicht des SFV nicht nur eine energiepolitische, sondern auch eine strukturpolitisch verhängnisvolle Weichenstellung: Die zentralen Energieversorgungs-Strukturen, die uns massive Kostensteigerungen beschert haben, blieben erhalten. Das Entstehen dezentraler Strukturen mit einer höheren Beteiligung der Bevölkerung an der Energieerzeugung sei brutal abgebremst worden. Wolf von Fabeck: „Die Streichung des Fassadenzuschlages, der zum Ziel hatte, die Integration der Fotovoltaik in das Bild unserer Siedlungen zu verbessern, stellt hier eine besondere gezielte Schikane dar.“ Die namentliche Abstimmungsliste der Bundestagssitzung zeige, so der SFV-Experte, „dass viele Befürworter der Erneuerbaren Energien gemeinsam mit den rücksichtslosesten Interessenvertretern der Energiewirtschaft für die Neufassung des EEG und damit für die Absenkung der Solarstrom Einspeisevergütung gestimmt haben.“ Dieses widersprüchliche Verhalten zeigt nach Ansicht von Fabecks, in welches Dilemma sich die Fraktionen hätten bringen lassen: „In der Vorbereitung der Abstimmung wurden geringe Verbesserungen für die Windenergie verknüpft mit massiven Verschlechterungen bei der Solarenergie “ Die Grünen beispielsweise (deren Zustimmung zu den Erneuerbaren Energien im allgemeinen außer Zweifel steht) haben sich enthalten. Nach Aussage von Hans-Josef Fell - dem Experten der Grünen für EEG Fragen - erfuhren die Abgeordneten erst in der Sitzung von einigen der vorgesehenen Veränderungen. Nach der Presseerklärung von Dr. Hermann Scheer, einem der Väter des EEG sei „hektisch und ruckartig an dem Gesetz herumgebastelt“ worden, eine rationale Diskussion sei kaum möglich gewesen und Unsicherheiten seien geschaffen worden. Nach eigener Recherche des Solarenergie Fördervereins Deutschland steht noch nicht einmal fest, ob im Jahr 2007 mehr oder weniger Solaranlagen in Deutschland errichtet wurden als in den Vorjahren. Die Energiewirtschaft und ihre Verbündeten sprechen von einem Boom. Die Zeitschrift Photon tippte sogar auf einen Rekordzubau von 1,6 Gigawatt. Die im Internet veröffentlichten detaillierten amtlichen Angaben der Transportnetzbetreiber lassen nach Aussage von Fabecks jedoch nichts von einem Boom erkennen. Im Gegenteil sei besonders bei den kleinen Anlagen bis 5 kW ein dramatischer Rückgang erkennbar. Unter solchen Unsicherheiten eine dramatische Verringerung der Förderung vorzunehmen, erscheint nach Ansicht des Branchen-Kenners „unverantwortlich!“ „Dies alles lässt vermuten, dass viele Abgeordnete noch nicht einmal beurteilen konnten, ob eine Zustimmung oder eine Ablehnung des Gesetzes sinnvoller gewesen wäre“, so Wolf von Fabeck. Ein Blick in die Präambel des neuen Gesetzes hätte sie stutzig machen sollen. Dort ist eine Steigerung des Anteils an Erneuerbaren Energien im Strombereich bis zum Jahr 2020 nur auf 25-30 Prozent vorgesehen. Danach soll ihr Anteil „kontinuierlich weiter erhöht werden“. Das sei zwar eine geringe Verbesserung im Wortlaut gegenüber der bisherigen Formulierung, doch es wird den Möglichkeiten, die die Erneuerbaren Energien bereits unter Beweis gestellt haben, überhaupt nicht gerecht, so der SFV-Experte. Zur Zeit liege ihr Anteil ja bereits bei 15 Prozent. Das EEG ist erst 8 Jahre alt und hat bereits 11 Prozentpunkte Erneuerbare Energien am Strommix zusätzlich erbracht, rechnet von Fabeck vor. Doch für die nächsten 12 Jahre sei offenbar an ein geringeres Ausbautempo als bisher gedacht. Der Klimawandel schreitet fort. Wirksamer Klimaschutz müsse deshalb schnell kommen und er brauche ALLE Erneuerbaren Energien und insbesondere die Windenergie im Binnenland und ganz besonders auch die Solartechnik auf Dächern, Fassaden und Lärmschutzwänden. Wolf von Fabeck abschließend: „Die Bevölkerung verliert langsam das Vertrauen in eine Regierung, die zwar große Worte zum Klimaschutz findet, in der Sache aber den Interessen und der Medienkampagne der etablierten Energiewirtschaft folgt.“ Quelle: Solarenergie Förderverein Deutschland (SFV) |