Artikel vom 24.07.2008, Druckdatum 22.11.2024

Solartaxi: „Love, Peace and Solar-Energy“

Nach drei Monaten quer durch Asien hat Louis Palmer mit seinem Solartaxi die Westküste der Vereinigten Staaten erreicht. Genau ein Jahr und über 30.000 Kilometer ist der Solar-Pionier nun mit seinem blauen Gefährt unterwegs – und entsprechend sind Mann und Material erschöpft. Die geplante Reisezeit wurde schon mal auf 18 Monate verlängert. Und die berühmte Golden Gate Bridge in San Francisco überquert der Schweizer im Nebel.

Südkorea lautete die letzte Asien-Station. Von dort wurde das Solartaxi Mitte Juni wieder mal per Schiff weitergeschickt: Nach Kanada. Der Plan, Japan zu durchqueren, war zuvor geplatzt. Der Solartaxi-Crew war mitgeteilt worden, dass sie mit dem Solartaxi nicht einreisen dürfen.

Doch die Sorgen von Louis Palmer und seinen Mitfahrern waren und sind andere: Der endlose Regen in Westaustralien, der Monsun in Malaysia und Thailand und Gewitterschauer zuletzt in Südkorea haben der Elektronik des Solartaxis stark zugesetzt. Vor der Abreise aus Asien ist klar: Ein neues Steuerungsgerät muss her – und das gibt es nur als Spezialanfertigung aus der Schweiz! Zum Glück hat Herr Schwegler von Rockwell Automation bei Luzern – von wo die ursprüngliche Steuerung stammt und der von Anfang an ins Projekt involviert ist – noch ein Ersatz-Gerät unter seinem Pult liegen. Er schickt es gleich nach Vancouver, so dass es dort bei Ankunft des Solartaxis eingebaut werden kann.

Louis Palmer plagen zudem am Ende der Asien-Route starke Ohrenschmerzen; ein befreundeter Arzt rät vom Fliegen ab. Soll er etwa nach Kanada schwimmen?? Doch letztlich bleibt nur das Flugzeug – starke Schmerzmittel sollen helfen im Fall, dass Palmers Ohr die Druckschwankung nicht mitmacht. Aber: „Das Ohr hat's ausgehalten, problemlos“, notiert Palmer. Doch insgesamt zehren die Strapazen der nunmehr einjährigen Reise an Mensch und Material: „Die letzten Monate fordern ihren Tribut, ich brauche unbedingt Ruhe, schlafe jeden Moment, wo ich mal absitze, fast ein,“ beschreibt Louis Palmer seinen Zustand. Deshalb nutzt er die Zeit, während in Vancouver das Ersatz-Steuerungsgerät eingebaut wird, um sich eine kleine Auszeit zu nehmen.

Dann kann es weitergehen nach Oregon, einem US-Bundesstaat an der Westküste der Vereinigten Staaten. „Als wir die Grenze in die USA passiert haben, sind wir bisher 32.000 Kilometer gefahren – und damit genau ein Jahr unterwegs“, so Palmer. „Das Gefühl kommt auf, dass wir es bis ins Ziel schaffen werden. Doch eine Fieberattacke und ein kräftiger Husten erfordern eine erneute Zwangspause. Nach einem Jahr der Nonstop-Reise ist auch dies vielleicht einfach ein Zeichen der Erschöpfung. Mittlerweile haben wir die Reise auf 18 Monate verlängert. Und ohne dies geplant zu haben, sind 18-Stunden-Tage die Regel geworden.“

Mit Pleiten, Pech und Pannen sollte es auch in den USA weiter gehen: „Es passierte nach einem anstrengenden 300-Kilometer-Tag: Plötzlich ein lautes Knacksen, der Anhänger ist abgebrochen. Ungläubig reiben wir uns die Augen. Die Bruchstelle an der Deichsel hat sich außerdem in den Hinterreifen gebohrt. Darin klafft ein riesiges Loch, und der Reifen ist auch platt.“ Wieder heißt es: Werkstatt suchen, die die passenden Reifen überhaupt auf Lager hat, – und für die Mechaniker in der Solartaxi-Crew ist mal wieder eine Nachtschicht angesagt…

Doch die Reise kann fortgesetzt werden. San Francisco heißt das nächste Ziel. „Unser Filmemacher Erik stößt wieder zu uns, und so dreht sich alles wieder darum, möglichst gute Shots für unseren Dokumentarfilm zu machen. Weshalb ich eigentlich diese Reise unternehme, will unser Kameramann wissen. In San Francisco fällt die Antwort darauf einfach: ,Wir bringen Love, Peace und Happiness – und Solar Energy‘“, notiert Palmer launig. „Alte Hippies gehören hier ebenso zum Stadtbild wie die alte Straßenbahn oder die Golden Gate Bridge oder der kalte Nebel. Wir schlottern, als wir über die Brücke fahren, und der eisige Wind bläst uns fast von der Fahrbahn. Doch die Aufnahmen vom Hügel oben sind einzigartig und der Mühe wert.“ 

In Berkeley stellt der Schweizer fest: „Tatsächlich haben wir noch keinen einzigen Ort auf dieser Welt gesehen mit so vielen Hybridautos in den Straßen.“ Doch die wirkliche Revolution im Automobilbereich spielt sich weiter südlich ab, im Silicon Valley, in San Carlos. Hier steht die weltberühmte Autofirma Tesla Motors. Palmer: „Weltberühmt? Angesichts einer kleinen Werkstatt kann man kaum glauben, welchen Wirbel diese Firma weltweit ausgelöst hat. Tesla steht für den Durchbruch des Elektroautos. Auf der Basis eines Sportwagens der Marke Lotus werden hier Elektrorennschlitten geschmiedet, die in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen können. Kaum eine Zeitschrift auf dieser Welt, die noch nicht über diese Revolution geschrieben hat. Wir haben bereits 1.200 Bestellungen, so ein Angestellter sichtlich zufrieden. Und das bei einem Stückpreis von 100.000 Dollar. Unser Mechaniker Frank darf Probe fahren, und als der Bolide um die Ecke verschwindet, bleiben wir ganz neidisch zurück.“ 

Quelle: Louis Palmer/Solartaxi, SPIGELonline
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