Artikel vom 17.05.2006, Druckdatum 22.11.2024

BDI gegen verbindliche Nachhaltigkeitsregeln

Deutsche Unternehmen beklagen häufig die hiesigen hohen Umwelt- und Sozialstandards. Seit Montag diskutieren Vertreter von Regierungen, Industrie und Verbraucherorganisationen in Lissabon über den erstmals vorliegenden Entwurf einer internationalen Norm für korrektes Firmenverhalten. Dagegen allerdings wehrt sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Der Verbraucherzentrale Bundesverband rief den BDI auf, seinen Widerstand einzustellen.

Die Konferenz der International Organisation for Standardisation (ISO) findet vom 15. bis 19. Mai in Lissabon statt. Bei dem Treffen wird ein erster Entwurf der so genannten ISO-Norm für Social Responsibility diskutiert. Ziel der geplanten Norm ist es, verbindliche Kriterien für das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen zu entwickeln. Dabei soll unter anderem die Glaubwürdigkeit und die Vergleichbarkeit von Unternehmensinformationen verbessert werden.

„Die deutsche Industrie hat offenbar immer noch nicht verstanden, dass sie im internationalen Wettbewerb von verlässlichen Nachhaltigkeitsregeln nur profitieren kann“, kritisierte Patrick von Braunmühl, stellvertretender Vorstand des vzbv. „Wenn die hiesigen Umwelt- und Sozialstandards aus Industriesicht so hoch sind, wo ist dann das Problem? Die großen Konzerne sprechen gerne darüber, wie fair und verantwortlich sie sich verhalten“, so von Braunmühl, der auch Delegationsmitglied von Consumers International in Lissabon ist. „Wenn es aber um verbindliche Mindeststandards geht, legen sie sich quer – das passt nicht zusammen.“

Zwar legen auch immer mehr DAX-Unternehmen aufwändig gestaltete Berichte zu Corporate Social Responsibility vor. Doch klare Regeln will die Industrie mit allen Mitteln verhindern. So hatte das Deutsche Institut für Normung (DIN) auf Druck des BDI bis zuletzt versucht, den Normungsprozess zu verhindern. Erst als klar wurde, dass sich international eine klare Mehrheit der Länder für die Normung aussprechen würde, stimmte das DIN letztlich auch zu. „Lissabon wird zeigen, ob der BDI beim Thema Nachhaltigkeit tatsächlich den Anschluss verpasst hat“, so vzbv-Vize von Braunmühl.

International vereinbarte Normen spielen im Welthandelsrecht eine zentrale Rolle. Die Welthandelsordnung der WTO verbietet es den Mitgliedstaaten, die Zulassung oder Kennzeichnung von Importen an die Einhaltung von Sozialstandards zu knüpfen. „Das Welthandelsrecht geht aber davon aus, dass es sich bei internationalen Normen nicht um Handelshemmnisse handelt,“ erklärte von Braunmühl. „Eine ISO-Norm wäre daher ein entscheidender Schritt, handelspolitische Entscheidungen stärker als bisher an Kriterien der Nachhaltigkeit auszurichten.“

Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv

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