Artikel vom 30.06.2011, Druckdatum 22.11.2024

DLR übernimmt Solarthermie-Turmkraftwerk in Jülich

2.153 bewegliche Spiegel (Heliostate) lenken in Jülich Sonnenstrahlen auf die Spitze eines 60 Meter hohen Turms. Jetzt hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das Solarthermie Turmkraftwerk von den Stadtwerken Jülich GmbH übernommen. Das Pilotkraftwerk soll damit zukünftig intensiver zu Forschungszwecken genutzt werden. Die Solarforscher/innen im DLR wollen hier neue Komponenten entwickeln und testen, die Solarkraftwerke effizienter und kostengünstiger machen, sowie an Herstellungsverfahren von solaren Treibstoffen arbeiten.

„Mit dem Solarturm in Jülich können die Solarforscherinnen und -forscher im DLR Neuerungen wesentlich schneller und in einem anwendungsnahen Maßstab entwickeln und testen. Gemeinsam mit dem neu gegründeten DLR-Institut für Solarforschung in Köln haben wir hier in der Region optimale Möglichkeiten Innovationen schnell bis zur Marktreife zu entwickeln“, sagte Prof. Ulrich Wagner, Vorstand für Energie und Verkehr des DLR. Für die Übernahme des Solarturms und den Ausbau des Instituts für Solarforschung hat das Land NRW insgesamt 27 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre zugesagt, wovon aktuell bereits 60 Prozent bereitgestellt worden sind.

Auf einer Fläche von zirka acht Hektar stehen in Jülich 2.153 bewegliche Spiegel (Heliostate) und lenken die Sonnenstrahlen auf die Spitze des 60 Meter hohen Turms. Dort werden die Strahlen von einem 22 Quadratmeter großen sogenannten Receiver aufgenommen und in Wärme umgewandelt. Der Receiver besteht aus porösen keramischen Elementen, die von Luft aus der Umgebung durchströmt werden. Die angesaugte Luft heizt sich dabei auf etwa 700 Grad Celsius auf. Wird der Solarturm als Kraftwerk genutzt, erzeugt diese heiße Luft Wasserdampf, der eine Turbine antreibt, die über einen Generator Strom produziert.

DLR-Forscher werden den Solarturm in Jülich künftig vor allem für die Entwicklung neuer Komponenten und Herstellungsverfahren von solaren Treibstoffen nutzen, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung. Prof. Bernhard Hoffschmidt, Co-Direktor des DLR-Instituts für Solarforschung: „Mit dem Solarturm haben wir gezeigt, dass die Technologie der Turmkraftwerke als Gesamtsystem funktioniert. Jetzt geht es darum neue Verfahren und Materialen zu entwickeln.“ DLR-Forscher/innen arbeiten derzeit daran, in den Anlagen teure Thermoöle als Wärmeträger durch Salz zu ersetzen.

Ein weiteres Forschungsprojekt ist die Herstellung von solarem Wasserstoff. Dabei wird die im Turm erzeugte Hitze genutzt, um in einer thermo-chemischen Reaktion Wasser zu spalten. Ziel der Forscher ist es, Innovationen bis zur Marktreife zu entwickeln und so solarthermische Kraftwerke effizienter und kostengünstiger zu machen. „Kleine Modifikationen und Innovationen macht die Industrie in der Zwischenzeit auch alleine, als Forschungsinstitut können wir Technologiesprünge wagen und wiederum zur Marktreife bringen. Mit dem Turm haben wir die Chance, die international führende Rolle des DLR in der Entwicklung solarthermischer Kraftwerkstechnologien weiter zu festigen“, sagte Prof. Robert Pitz-Paal, ebenfalls Co-Direktor des DLR-Instituts für Solarforschung.

Das Turmkraftwerk in Jülich dient als Pilotanlage und Referenz für kommerzielle Kraftwerke in Südeuropa und Nordafrika. Ein nahezu baugleiches Kraftwerk befindet sich derzeit in Algerien in der detaillierten Planung. Die in Deutschland entwickelte Technologie kommt damit in den sonnenreichen Regionen der Erde zum Einsatz. Dort haben solarthermische Kraftwerke ihr größtes Potenzial, sie spielen auch beim Wüstenstromprojekt DESERTEC eine tragende Rolle.

Der Solarturm Jülich wurde 2008 im Auftrag der Stadtwerke Jülich GmbH von dem Unternehmen Kraftanlagen München GmbH (KAM) gebaut. Gefördert wurde die Anlage vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie in Nordrhein-Westfalen (MWME), dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen (MIWF) des und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (STMWIVT). 

Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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