Artikel vom 15.08.2006, Druckdatum 25.11.2024

Für und Wider Atomenergie

Energiesparen, Effizienzsteigerung und Erneuerbare Energien sind die drei Säulen, denen die Energie-Zukunft gehört. Dennoch wurde und wird der (übrigens in Kooperation mit der Energiewirtschaft) längst beschlossene Atomausstieg immer und immer wieder diskutiert. Dabei sind alle heute wieder vorgebrachten Argumente für die Nutzung der Atomenergie längst widerlegt. Der Beinahe-Gau von Forsmark im High-Tech-Land Schweden kann jedenfalls nicht mehr mit der maroden Technik östlicher Kraftwerke erklärt werden.

Während in den achtziger und neunziger Jahren die Alternativen zur Atomnutzung nur theoretisch aufgezeigt werden konnten, zeigt der Erfolg der Erneuerbaren Energien in den letzten Jahren, dass eine nachhaltige Energieversorgung möglich ist. Schon ist ein Anteil von knapp 11 Prozent bei der Stromerzeugung erreicht, und die Zahl der Beschäftigten liegt bei 160.000. „Eine einmalige Erfolgsgeschichte“, so der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller.

„Dennoch hat sich in der Energiepolitik eine Ideologie der Einfallslosigkeit, die Innovationen scheut, wie Mehltau über die Debatte ausgebreitet“, so Müller weiter. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien sei in Deutschland lange Zeit nicht mit den, sondern gegen die großen Energieunternehmen durchgesetzt worden. Sie hätten vor allem blockiert, geklagt und versucht, zu verhindern. Unternehmergeist habe man bei kleinen und mittleren Unternehmen gefunden, leider nicht bei den starken Konzernen.

Für die Atomenergie spreche eigentlich nur, dass Atomstrom aus abgeschriebenen Kraftwerken vergleichsweise preiswert ist und den Betreibern hohe Gewinne bringt, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Aber: Auch für alte Atomkraftwerke muss der Grundsatz „Sicherheit zuerst“ gelten, dadurch sind oftmals teure Nachrüstungen notwendig. Und: Die Rechnungen beziehen die hohen Subventionen, die in die Atomkraft geflossen sind, nicht mit ein. Auch die steuerbegünstigten Rückstellungen, die den Betreibern erhebliche Vorteile verschaffen, werden verschwiegen.

Falsch ist auch die Behauptung, die Atomkraftwerke seien notwendig zum Klimaschutz. Diese Behauptung hält sich, obwohl sie schon oft - zum Beispiel von der renommierten Klima-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages - widerlegt wurde. Denn es geht beim Klimaschutz nicht um den bloßen Austausch von Energieträgern. Tatsächlich ist eine neue Energiephilosophie notwendig, die auf Vermeidung angelegt ist, in Verbindung mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Denn nach wie vor nicht verschwunden sind die bekannten Risiken, auch wenn heute weniger intensiv darüber geredet wird:

1. Die Sicherheitsfrage: Der Beinahe-Gau von Forsmark in Schweden kann nicht mit der maroden Technik östlicher Kraftwerke erklärt werden. In dem High-Tech-Land Schweden, das - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - 60 Prozent mehr für Forschung und Entwicklung ausgibt, hat es einen Unfall gegeben, der in den Sicherheitsszenarien nicht vorgesehen war. Nicht einmal menschliches Versagen, das nie auszuschließen ist, sondern ein Versagen der Technik löste den Störfall aus. Natürlich gibt es in Deutschland andere Regelungen, aber auch hier können unvorhergesehene Abläufe eintreten.

2. Die Gefahr eines terroristischen Anschlags und eines militärischen Missbrauchs. Diese Gefahren sind in den letzten Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden. Stichworte sind der 11. September 2001, Iran, Nordkorea oder jetzt ganz aktuell London.

3. Die Frage der Endlagerung. Nirgendwo in der Welt gibt es einen sicheren Einschluss des nuklearen Abfalls. „Wir haben mit der Atomkraft einen Jumbo-Jet gestartet, ohne eine Landebahn zu haben“, so Michael Müller.

Von daher bleibe das Ziel richtig, möglichst schnell die Wende in eine nachhaltige Energieversorgung zu schaffen, so Müller. Die Energiefrage ist eine Schlüsselfrage dieses Jahrhunderts. Hier müsse sich die Innovationskraft unserer Volkswirtschaft zeigen. Noch habe unser Land einen Vorsprung, der leider nicht mit, sondern trotz der großen Energiekonzerne erreicht wurde. Doch andere Länder sind dabei, schnell aufzuholen.

Deshalb dürften nicht länger die Schlachten von gestern geführt werden, sondern müssten die Kräfte auf die erneuerbaren und effizienten Energietechnologien konzentriert werden, heißt es aus dem BMU. „Sonst geht es uns auch hier wie bei vielen anderen Technologien: Unser Land war führend bei der Entwicklung, doch in der Umsetzung waren andere schneller."

Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

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