Artikel vom 07.05.2012, Druckdatum 22.11.2024

Photovoltaik-Förderung: Thüringen positioniert sich für den Bundesrat

Thüringen positioniert sich für den Bundesrat: In der Diskussion um die Zukunft der Photovoltaik haben das Thüringer Wirtschaftsministerium in Abstimmung mit der Thüringer Ministerpräsidentin und die Thüringer Solarwirtschaft eigene Vorschläge für die anstehende Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt, dem wichtigsten Instrument zur Förderung der regenerativen Stromerzeugung. Damit reagiert Thüringen als wichtiger deutscher Solarstandort auf einen entsprechenden Gesetzesvorschlag der Bundesregierung, der in der kommenden Woche – am 11. Mai – im Bundesrat verhandelt wird.

„Wir stehen für eine Reform des EEG – aber für eine Reform, die die Solarbranche stärkt und die Umstrukturierung der Energieversorgung in Deutschland fördert“, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig heute in Erfurt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei dagegen ein Abbruchkonzept und eine „existenzielle Bedrohung“ für die deutsche Solarbranche: „Die Bundesregierung macht zunichte, was über Jahre hinweg mit Milliardeninvestitionen aufgebaut wurde“, so Machnig. Damit werde eine Zukunftstechnologie in dem Moment ausgebremst, in dem sie wirtschaftlich werde. „Allein in Thüringen sind dadurch 5.000 Arbeitsplätze gefährdet.“

Ziel der Landesregierung sei es deshalb, die vorgeschlagene EEG Novelle im Vermittlungsausschuss grundlegend zu ändern. „Alle sind jetzt aufgerufen, ostdeutsche Interesse im weiteren Verfahren im Bundesrat und Bundestag stärker zur Geltung zu bringen“, sagte Machnig. Er forderte daher gerade die Abgeordneten aus den neuen Ländern auf, sich für die Interessen ihrer Regionen und damit für eine grundlegende Überarbeitung des EEG einzusetzen.

Machnig bezeichnete die Förderung der erneuerbaren Energien in der bisherigen Form als Erfolgsmodell. In Zukunft gehe es nun allerdings stärker um eine schrittweise Integration der erneuerbaren Energien in den Energiemarkt. Notwendig sei ein neues „Marktdesign“, das geeignete Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien schaffe und Förderung mittelfristig überflüssig mache. „Dazu gehören zum Beispiel Vorrangregeln für regenerativen Strom und eine Gesamtkostenbetrachtung, die zum Beispiel auch Quersubventionierung und Umweltschäden mit einbezieht“, sagte Machnig. „Daran muss sich auch die anstehende Novellierung des EEG orientieren.“

In dem gemeinsamen Positionspapier von Wirtschaftsministerium und Solarbranche werden daher fünf zentrale Forderungen für eine EEG Novellierung aufgestellt:

- Kontinuität und Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen für die Solarstromerzeugung. Die aktuell geplanten Fördereinschnitte würden sich auf bis zu 45 Prozent der bisherigen Fördervolumina summieren – unverkraftbar für große Teile der Solarwirtschaft. Thüringen fordert daher eine Absenkung des bisherigen Vergütungstarifs rückwirkend zum 1.4.2012 von bislang 24 auf maximal 18,5 Cent je Kilowattstunde (statt, wie bisher vorgesehen, auf 16,5 Cent je Kilowattstunde).

- Einführung von „Local-content-Klauseln“ für europäische Photovoltaikhersteller und Zulieferbetriebe. Thüringen fordert die Bundesregierung auf zu prüfen, ob dies etwa durch die Kopplung von Vergütungsregelungen an die Pflicht zum späteren Recycling von Photovoltaik Modulen erreicht werden kann.

- Innovationsoffensive: Ziel muss es sein, die Kompetenzführerschaft in der Solartechnologie zurückzuerobern. Thüringen fordert die Bundesregierung daher auf, das Forschungsprogramm „Innovationsallianz Photovoltaik“ massiv aufzustocken. Zudem soll die Einführung eines Technologiebonus bzw. eines Speicherförderprogramms für erneuerbaren Strom geprüft werden.

- Vereinfachung des Degressionsmechanismus: Die von der Bundesregierung bisher geplanten monatlichen Anpassungsschritte sind kompliziert und unübersichtlich. Hauptproblem ist, dass die tatsächliche Marktentwicklung unberücksichtigt bleibt. Thüringen fordert die Bundesregierung auf, hier einen vereinfachten Degressionsmechanismus zu finden.

- Das EEG muss von einem Markteinführungs- zu einem Marktintegationsinstrument weiterentwickelt werden. Im bisherigen Stromhandelssystem hat der sinkende Börsenpreis für erneuerbaren Strom keine Auswirkungen auf den Strompreis, den die Verbraucher zu tragen haben. Damit liefert das vorhandene Marktmodell die falschen Preissignale. Thüringen fordert die Bundesregierung daher auf, das Stromhandelssystem zu reformieren. Zusätzlich fordert Thüringen Regelungen ein, die zu einer besseren Netzintegration von Solarstrom führen (Vorrang für Solarenergie). Zugleich sollte es keine Begrenzung der vergütungsfähigen Solarstrommenge oberhalb von 10 kWp geben.

„Ein Jahr nach der Energiewende legt die Bundesregierung mit ihrem Novellierungsvorschlag eine energiepolitische Vollbremsung hin“, sagte Wirtschaftsminister Machnig. Obwohl Einzelelemente der vorgesehenen Änderungen sinnvoll seien, gehe das Gesamtpaket zu weit.

Hintergrund:
Die Bedeutung der Photovoltaik (PV) für die Versorgungssicherheit, den Klimaschutz und die deutsche Volkswirtschaft ist enorm. Die Solarenergie deckt den Jahresstromverbrauch von rund 5,2 Millionen Haushalten und führt zu jährlichen CO2-Einsparungen von zuletzt 12,5 Millionen Tonnen. Experten schätzen den volkswirtschaftlichen Nutzen der PV bis zum Jahr 2030 auf 56 bis 75 Milliarden Euro. Die Branche sorgt für einen jährlichen Umsatz von 20 Milliarden Euro, die Wertschöpfung liegt in Deutschland bei 10 Milliarden Euro pro Jahr.

Die Anzahl der Photovoltaik Unternehmen beträgt inkl. Handwerk und Zulieferern rund 10.000. Mehr als 130.000 Vollzeitarbeitsplätze sind bislang durch die Solarbranche geschaffen worden. Das jährliche Steueraufkommen durch die Photovoltaik Industrie beträgt 1,5 Milliarden Euro. Die Investitionen für die Errichtung von Photovoltaik Anlagen lag bereits 2010 bei 19,5 Milliarden Euro; das entspricht einem Anteil von 69,9 Prozent an den gesamten Anlageinvestitionen im Bereich Erneuerbare Energien.

Allein 2011 sind die Preise für Module um 30 bis 40 Prozent gefallen - weit schneller, als die Produktionskosten ohne beschäftigungs- und lohnpolitische Reibungsverluste gedrückt werden können. Der Preisvorteil der manipulierten chinesischen Module wächst. 2008 stammten erst 33 Prozent der Weltproduktion aus China, im vergangenen Jahr waren es 57 Prozent. Für die deutschen Photovoltaik Hersteller gilt das Umgekehrte. Vor acht Jahren hatten hiesige Formen noch einen Weltmarktanteil von 60 Prozent. Heute liegt der Anteil bei unter 30 Prozent. 

Quelle: Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie
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