Artikel vom 06.07.2012, Druckdatum 22.11.2024

Studie: Solarflächen an Autobahnen könnten 13 Prozent des Thüringer Stromverbrauchs decken

Thüringen verfügt über ein großes und bislang kaum genutztes Flächenpotenzial für den Ausbau der Photovoltaik: Laut einer aktuellen Studie des Thüringer Instituts für Nachhaltigkeit und Klimaschutz (ThINK) im Auftrag der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA) können entlang der 500 Kilometer Autobahn im Freistaat Photovoltaik Anlagen mit einer Höchstleistung von 1.700 Megawatt-Peak oder einer Jahresgesamtleistung von 1,5 Gigawattstunden installiert werden. Das entspricht etwa 13 Prozent des jährlichen Nettostromverbrauchs in Thüringen.

„Mit der Nutzung solcher Standorte werden der Flächenverbrauch an anderer Stelle und weitere Eingriffe in die Landschaft reduziert“, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig heute anlässlich der Vorstellung der Studie gemeinsam mit ThEGA-Leiter Prof. Dr. Dieter Sell, dem Waltershäuser Bürgermeister Michael Brychcy – dessen Gemeinde derzeit ein entsprechendes Projekt an der Autobahn A 4 entwickelt – sowie Dieter Ortmann vom Projektentwickler maxx solar & energie, zugleich Vorstand des Thüringer Branchenverbands SolarInput und dort zuständig für den Bereich Heimatmarktentwicklung. 

„Wenn Wirtschaftsministerium und Solarunternehmen hier gemeinsam ideale Rahmenbedingungen für Investorinnen und Investoren schaffen, dann setzen wir natürlich darauf, dass auch die Wertschöpfung in Thüringen bleibt und Thüringer Produkte und Projektgesellschaften zum Zuge kommen“, sagte Ortmann. Grundlage der Betrachtung war ein 110 Meter breiter Flächenkorridor links und recht der Autobahnen. In diesem Bereich installierte Solarstromanlagen sind seit dem Jahr 2010 grundsätzlich über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütungsfähig.

Konkret hat die ThEGA einen Abschnitt der Autobahn A 4 zwischen der Landesgrenze Hessen und der Anschlussstelle Gotha untersuchen lassen, erläuterte ThEGA-Chef Sell die Studie. In diesem Bereich ergibt sich beidseitig der Fahrbahnen eine Gesamtfläche von 1174 Hektar, die prinzipiell für den Aufbau von Solarstromanlagen genutzt werden kann. Werden hiervon die Flächen abgezogen, die für eine Nutzung nicht infrage kommen (aufgrund ihrer Ausrichtung oder der Einstufung als Naturschutzgebiet, hochwassergefährdete Zone etc.), verbleiben mit 517 Hektar noch 44 Prozent der Ausgangsfläche, die für eine Installation von Solaranlagen geeignet sind. 

Auf dieser Fläche kann laut ThINK-Studie eine Leistung von 150 Megawatt-Peak installiert werden – allerdings nur der allerkleinste Teil davon (ungefähr 4 Prozent) auf fahrbahnbegleitenden Bauwerken wie Lärmschutzwänden, Wällen, Böschungen etc. Die Gesamtzahlen für alle Thüringer Autobahnen ergeben sich durch Hochrechnung des betrachteten Teilabschnitts.

Zusätzlich zu Studie hat die ThEGA zudem einen Leitfaden „Photovoltaikprojekte an Bundesautobahnen in Thüringen“ erstellt. „Damit liegt ein Instrument für Investoren und Projektentwickler vor, das sie in die Lage versetzt, eine rasche und kostengünstige Bewertung der Flächenpotenziale entlang der Autobahnen selbst vornehmen zu können“, sagte ThEGA-Chef Sell. „Dies entbindet gleichzeitig das Land von der Notwendigkeit, eine teure Kartierung der Flächen entlang der Autobahnen auf eigene Kosten vornehmen zu müssen.“

„Wir müssen neue Wege gehen, um mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien weiter voranzukommen“, so Wirtschaftsminister Machnig. Denn auch beim Ausbau der Solarenergie hat der Freistaat Nachholbedarf. So lag der Anteil der Photovoltaik am Endenergieverbrauch im Jahr 2010 bei gerade 1,5 Prozent. 

Bei der installierten Photovoltaik Leistung belegt Thüringen im Ländervergleich derzeit nur den 12. Platz. Die Nutzung von autobahnnahen Flächen für Solarstromparks wäre daher ein weiterer Mosaikstein, um das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel zu erreichen, bis 2020 den Anteil der Erneuerbaren Energien am Nettostromverbrauch auf 45 Prozent zu erhöhen (2010: 23,1 Prozent).

Ein weiterer entscheidender Beitrag zum Gelingen der Energiewende müsse daher durch die Einsparung von Energie geleistet werden, sagte der Minister. Um diesen Prozess zu unterstützen, wird die ThEGA im Auftrag des Wirtschaftsministeriums künftig einen Energieeffizienzpreis vergeben. Den „Thüringer EnergieEffizienzpreis“ lobten Wirtschaftsminister Machnig und ThEGA-Chef Sell heute gemeinsam mit Reimund Gotzel, Vorstandsvorsitzender des Hauptsonsors E.ON Thüringer Energie AG, aus.

„Energieeffizienz ist der schlafende Riese der Energiepolitik“, sagte Machnig. So könnten in Deutschland durch konsequente Energieeffizienzmaßnahmen bis zum Jahr 2020 zusätzlich 260.000 neue Jobs geschaffen, 77 Millionen Tonnen CO2 vermieden und 19 Milliarden Euro Energiekosten insgesamt eingespart werden (Quelle: Umweltbundesamt). 

Das Energieeinsparpotenzial kommunaler Liegenschaften liegt bei geschätzten 30 Prozent. Pro Jahr könnten Stromkosten in Höhe von 229 Millionen Euro allein durch eine Modernisierung der Straßenbeleuchtung eingespart werden (Quelle: dena). 15 Prozent des Wärmemarktes in Deutschland werden zum Heizen von Hallengebäuden mit einer Raumhöhe von mehr als vier Metern im industriellen Bereich benötigt. Bis zu 60 Prozent dieser Energie lassen sich durch Modernisierungen einsparen (Quelle: Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach (figawa)).

Trotz dieser Potenziale und Einsparmöglichkeiten spielt das Instrument Energieeffizienz eine noch immer zu geringe Rolle. „Jede Kilowattstunde Energie, die nicht verbraucht wird, muss auch nicht erzeugt werden. Energiesparen schont also unsere Rohstoffressourcen, entlastet die Umwelt und senkt die Kosten“, sagte Gotzel. Mit der Unterstützung des Energieeffizienzpreises wolle sein Unternehmen dazu beitragen, Reserven im Bereich der Energieoptimierung in Wirtschaft und Kommunen zu erschließen.

Der Wettbewerb um den 1. Thüringer EnergieEffizienzpreis startet am 4. Juli 2012, der Preis wird im Rahmen einer Preisverleihung auf dem Unternehmertag der E.ON Thüringer Energie am 7. November 2012 vergeben. Mit dem Preis werden vorbildliche Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz in Unternehmen und Kommunen ausgezeichnet. „Mit der Prämierung herausragender Anwendungen und Einsparungen sollen weitere Unternehmen zur Realisierung neuer Energieeffizienz-Projekte motiviert werden“, so ThEGA-Chef Sell. Bewerbungen von kleinen und mittleren Unternehmen seien besonders erwünscht.

Der Preis ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert, die von E.ON gestiftet werden. Die Vergabe des Preisgeldes erfolgt durch eine Jury an bis zu drei Preisträger/innen, wobei die Aufteilung der Gesamtsumme erst im Vergabeprozess vorgenommen wird. Vergabekriterien und Bewerbungsunterlagen finden sich im Internet unter www.energieeffizienzpreis.de. Bewerbungsschluss ist der 28. August 2012.

Quelle: Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie
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