Artikel vom 24.08.2012, Druckdatum 25.11.2024

Photovoltaik taugt nicht als Schwarzer Peter für steigende Strompreise

Der aktuelle Bundesumweltminister ist laut jüngsten Medienberichten ebenfalls ein Verfechter der (unsinnigen) Behauptung von der Photovoltaik als Strompreistreiber. Berechnungen des Marktforschungsinstituts Prognos vom Juni diesen Jahres widerlegen diese These eindeutig: Selbst eine Verdoppelung des Anteils der Photovoltaik am deutschen Strom Mix von 3,2 Prozent im Jahr 2011 auf rund sieben Prozent würde private Stromtarife bis zum Jahr 2016 um lediglich 2,5 Prozent steigen lassen. Für die steigenden Strompreise sind ganz andere verantwortlich, wie ein jetzt veröffentlichtes Kurzgutachten von Bündnis 90/Die Grünen zeigt.

„Solarenergie taugt nicht als Schwarzer Peter für steigende Strompreise. Sie war einmal teuer, inzwischen sind durch eine beispiellose technologische Entwicklung ihre Kosten aber unter Kontrolle“, sagte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar). 

Nach jüngsten wissenschaftlichen Berechnungen der Prognos AG fällt der weitere Ausbau der Solarstrom-Nutzung in Deutschland finanziell kaum noch ins Gewicht. Eine Verdoppelung des Anteils der Solarenergie am deutschen Strom Mix von 3,2 Prozent (2011) auf knapp 7 Prozent (2016) würde die Stromtarife in den nächsten vier Jahren um lediglich 2,5 Prozent ansteigen lassen. Die Umstellung von einem Prozent des herkömmlichen Strom Mix auf Solarstrom hätte im Jahr 2005 einen Durchschnittshaushalt noch rund 2 Euro im Monat gekostet. In diesem Jahr zahlen Verbraucherinnen und Verbraucher für jeden weiteren Prozentpunkt Solarstrom-Anteil nur noch etwa 60 Cent pro Monat. 

Doch es kommt noch besser: Nicht nur ist die Photovoltaik nicht für einen massiven Strompreisanstieg von bis zu fünf Prozent verantwortlich, wie Altmaier prognostiziert haben soll, nein, die Photovoltaik trägt im Gegenteil dazu bei, den Strompreis zu senken: 

Das belegt eine Kurzstudie des Instituts für ZukunftsEnergiesysteme (IZES gGmbH, Saarbrücken), die im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) erstellt worden ist. Demnach senkt Solarstrom die durchschnittlichen Preise an der EPEX-Strombörse um bis zu zehn Prozent, zur Mittagszeit sogar um bis zu 40 Prozent. Insgesamt beläuft sich der Preissenkungseffekt für das Jahr 2011 auf 520 bis 840 Millionen Euro – was einer Preisminderung von vier bis sechs Euro pro Megawattstunde entspricht. „Es wird viel über die Kosten des Solarstroms geredet“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Die IZES-Studie zeigt, dass Solarstrom bereits heute auch entlastende Preiseffekte hat.“ 

Grund für den Preissenkungs-Effekt: Solarstrom wird zu Spitzen-Nachfragezeiten erzeugt – tagsüber, wenn Strom an der Börse am teuersten ist. Die IZES-Studie belegt, dass mit dem wachsenden Zubau an Solarstrom die Preise für sogenannten Peak Strom (Peak = Spitze) in den Jahren 2007 bis 2011 kontinuierlich gesunken sind. 

Aber wer oder was ist dann tatsächlich schuld an den ständig steigenden Strompreisen? 

Dass die EEG Umlage im kommenden Jahr stärker als notwendig steigen wird, liegt nicht an den steigenden Ausgaben für Erneuerbare-Energien-Anlagen, sondern an der Konstruktion der EEG Umlage: Weil die EEG Umlage die Differenz aus den Verkaufseinnahmen des EEG Ökostroms an der Börse und den Vergütungszahlungen an Betreiber/innen von Erneuerbare-Energien-Anlagen ist, kommt es zu dem paradoxen Effekt, dass die Erneuerbaren Energien zwar den Strompreis an der Börse deutlich senken, damit aber die EEG Umlage erhöhen. Im ersten Halbjahr 2012 beispielsweise wurden trotz der höheren regenerativen Stromproduktion nur 1,57 Milliarden Euro (1. Halbjahr 2011: 2,26 Milliarden Euro) erlöst. Wegen der sinkenden Vermarktungserlöse für den Ökostrom steigt die EEG Umlage überproportional. 

Das Kernproblem und damit Ursache für ständig steigende Strompreise „durch“ Erneuerbare Energien ist, dass „die Stromversorger zwar die steigende EEG Umlage, nicht aber die durch Erneuerbare Energien gesunkenen Großhandelspreise an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben“, wie der Direktor des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR), Dr. Norbert Allnoch, erklärt. 

Ein aktuelles Kurzgutachten von Gunnar Harms im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen bestätigt genau diese Benachteiligung von privaten Stromkundinnen und -kunden durch die großen Energiekonzerne. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das Entlastungspotenzial der Erneuerbaren Energien aus den gesunkenen Einkaufspreisen für die privaten Haushalte für das Jahr 2013 (gegenüber 2012) rund 500 Millionen Euro beträgt. Aktuell müsste laut dem Ingenieur für Energietechnik und Vorstand im Bund der Energieverbraucher der Strompreis zwei Cent pro Kilowattstunde niedriger liegen, wenn die Stromversorger die gesunkenen Einkaufspreiseaus der Vergangenheit an die Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechend weitergereicht hätten.

Gerade diese Vergangenheit zeigt aber, dass diese Entlastungseffekte von den Stromkonzernen nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden, sondern in die eigene Gewinnmaximierung fließen. Die beiden Energieriesen E.ON und RWE erwarten für das Gesamtjahr 2012 einen Gewinn von insgesamt über 19 Milliarden Euro. Damit dürfte allein der diesjährige Gewinn nur dieser beiden Stromversorger sämtliche Vergütungszahlungen (16,4 Milliarden Euro) an die Betreiberinnen und Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen des Jahres 2011 deutlich übertreffen. 

Dazu die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Bärbel Höhn: „Die Stromrechnungen für die privaten Haushaltskunden steigen unaufhaltsam, weil sie von Stromanbietern und der Politik gleichzeitig in die Zange genommen werden. Stromversorger wie E.on oder RWE machen erhöhte Gewinne, weil sie gesunkene Einkaufspreise nicht weiter geben. Und die Bundesregierung lädt die Kosten der Energiewende hauptsächlich bei den Verbrauchern ab, indem sie die Unternehmen breit entlastet. Das geht so nicht weiter.“ 

Im Moment sieht es aber leider ganz danach aus: Selbst der deutsche Umweltminister verbreitet die Mär von der Photovoltaik die anscheinend Schuld an den hohen und weiter steigenden Strompreisen sein soll. Allen Studien, Gutachten und Fakten zum Trotz. 

BSW-Solar Faktenpapier zur Photovoltaik in Deutschland 

Sofortprogramm von BUND, BEE und DENEFF zur Energiewende

Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar), BEE Bundesverband Erneuerbare Energie e.V., Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR), Bündnis 90/Die Grünen 

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