Artikel vom 15.12.2012, Druckdatum 22.11.2024

Nachhaltiger Wandel der Wissenschaft gefordert

Damit die Erde auch in Zukunft noch lebenswert bleibt, muss die Wissenschaft aktiver als bisher mit Wissen und Lösungen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Diese Forderung stellten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft auf dem Kongress „Schafft Wissenschaft die große Transformation?“ in Berlin.

Die Veranstaltung, an der rund 200 Personen teilnahmen, bildete den Abschluss der Veranstaltungsreihe „Transformatives Wissen schaffen“ im Rahmen des bundesweiten Wissenschaftsjahres „Zukunftsprojekt Erde“. Der Verbund für Nachhaltige Wissenschaft (Nawis) und das Ecological Research Network (Ecornet) hatten die Reihe gestartet, um die deutsche Wissenschaft angesichts der drängenden Herausforderungen aufzufordern mehr und aktiver als bisher den notwendigen gesellschaftlichen Wandel zu thematisieren.

An der Initiative beteiligten sich die Wissenschaftsministerinnen der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Theresia Bauer und Svenja Schulze. Beide Länder haben im Jahr 2012 umfassende Initiativen für eine Wissenschaft für Nachhaltigkeit initiiert. Baden-Württemberg hat eine eigene Expertengruppe „Wissenschaft für Nachhaltigkeit“ eingerichtet und Nordrhein-Westfalen plant unter dem Titel „Fortschritt NRW“, die Forschungspolitik des Landes neu auszurichten.

Professor Uwe Schneidewind, Sprecher des Nawis-Verbundes, zog ein positives Fazit der Veranstaltungsreihe: „Es ist bemerkenswert, wie viele Prozesse für eine Umorientierung des Wissenschaftssystems im Wissenschaftsjahr angestoßen werden konnten: Der Wissenschaftsrat, die großen Akademien und die Wissenschaftseinrichtungen haben begonnen, sich des Themas Nachhaltigkeit intensiver anzunehmen. Mit Baden-Württemberg und NRW gibt es zwei Vorreiterländer für die Initiative.“

Die Veranstaltungsreihe „Transformatives Wissen schaffen“ wurde von Pionierinstitutionen der Nachhaltigkeitsforschung in Deutschland ins Leben gerufen. Sie hatte im Wissenschaftsjahr „Zukunftsprojekt Erde“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerufen worden war, für große Aufmerksamkeit gesorgt. Auf 16 Tagungen diskutierten insgesamt über 1.500 Expertinnen und Experten über den Beitrag der Wissenschaft für Nachhaltigkeit.

„Wir werden weiterhin Impulse für die Transformation der Wissenschaft setzen“, so die Sprecher des Ecornet-Netzwerks Andreas Kraemer und Thomas Korbun. „So wollen wir erreichen, dass aus der Wissenschaft mehr Impulse zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel Biodiversität, Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum oder sozialer Gerechtigkeit kommen. Wissenschaft und Forschungspolitik müssen dafür mehr tun.“

Deutlich wurde, dass die Wirtschaftswissenschaften eine Disziplin sind, in der besonders hoher Handlungsbedarf besteht. Umwelt und Nachhaltigkeit müssten eine größere Rolle spielen, so die Expertinnen und Experten. Kontroversen gab es um die Frage, wie sich eine aktive und mitgestaltende Rolle der Wissenschaft mit dem Grundprinzip der Wissenschaftsfreiheit verträgt. Professor Peter Weingart von der Universität Bielefeld betonte, dass das deutsche Modell der Wissenschaftsfreiheit historisch gewachsen und institutionell veraltet sei. Eine Wissenschaft für Nachhaltigkeit und die Freiheit der Wissenschaft seien daher keine Gegensätze - so der Experte.

Der NaWis-Verbund und Ecornet begrüßen, dass sich im Wissenschaftsjahr erstmals auch Umweltverbände, Gewerkschaften, Kirchen und weitere Verbände in die wissenschaftspolitische Debatte einbrachten. Mit der Gründung der „Zivilgesellschaftlichen Plattform Forschungswende“ wollen sich die Organisationen in Zukunft für mehr Transparenz und Beteiligung in der Wissenschaftspolitik einsetzen. Außerdem fordern sie mehr Forschung und Lehre zu Nachhaltigkeitsthemen. Damit stellen sie sich auch einer Entwicklung entgegen, bei der Schwerpunkte der öffentlichen Forschungsförderung zunehmend alleine von Wirtschaft und Politik definiert werden. 

Quelle: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH

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