Artikel vom 26.08.2013, Druckdatum 22.11.2024

DIW: Stromüberschüsse aus Photovoltaik und Windkraft sind ein lösbares Problem

Temporäre Stromüberschüsse aus Photovoltaik und Windkraft stellen einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge auch bei stark steigenden Anteilen Erneuerbarer Energien ein lösbares Problem dar. Durch eine Flexibilisierung des Stromsystems könnte die Überschusserzeugung stark vermindert werden. Während die verbleibenden Überschüsse teilweise durch zusätzliche Stromspeicher aufgenommen werden könnten, sollte für die höchsten Produktionsspitzen Erneuerbarer Energien die Möglichkeit zur Abregelung erhalten bleiben, so das Ergebnis der umfangreichen Untersuchung des DIW-Energieexperten Wolf-Peter Schill.

„In einem flexiblen System müssten im Jahr 2032 weniger als zwei Prozent der möglichen jährlichen Stromerzeugung aus Sonnen- und Windkraft abgeregelt werden“, so Schill. Davon unabhängig werde die Bedeutung von Stromspeichern in einem immer mehr auf Erneuerbaren Energien beruhenden System steigen.

Die Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie ist umweltfreundlich, ihr Produktionspotenzial schwankt aber stark je nach Wetterlage, Tages- und Jahreszeit. So kann es dazu kommen, dass zeitweise mehr Strom produziert wird, als überhaupt verbraucht werden kann. Mit steigendem Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromproduktion in Deutschland wird auch der Umfang dieser Stromüberschüsse zunehmen. Im Jahr 2012 wurden rund 23 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien gewonnen. Nach den Plänen der Bundesregierung soll dieser Anteil im Jahr 2020 bei mindestens 35 Prozent liegen, bis 2030 auf 50 Prozent und bis 2050 auf 80 Prozent steigen.

DIW-Energieexperte Wolf-Peter Schill hat in einer ausführlichen Betrachtung möglicher Zukunftsszenarien errechnet, wie groß die zu erwartenden Stromüberschüsse mit fortschreitendem Umstieg auf Erneuerbare Energien sein werden und wie mit ihnen umgegangen werden sollte. Anhand von historischen Einspeisedaten, die für die zu erwartenden Stromerzeugungskapazitäten hochrechnet wurden, wurde der mögliche Umfang der Überschüsse bestimmt. „Es zeigt sich, dass die Überschüsse in den meisten Zukunftsszenarien relativ selten, aber in der Spitze mit hoher Leistung auftreten.“ 

In der Simulation für das Jahr 2032 etwa entstehen unter Annahme eines flexiblen Systems in 471 von 8.760 Stunden des Jahres Überschusssituationen, in nur 14 Stunden ist dieser Überschuss jedoch größer als 30 GWh. „Um diese Überschüsse im Stromsektor in vollem Umfang nutzbar zu machen, müsste man zusätzliche, sehr große und damit teure Stromspeicher bauen, die nur selten ausgelastet wären“, so Schill. „Das ist wirtschaftlich nicht sinnvoll, da die volle Speicherung je nach Szenario Investitionen von mehreren hundert bis mehreren tausend Euro pro Megawattstunde vermiedener Abregelung notwendig machen würde.“

Aus umwelt- und klimapolitischen sowie gesellschaftlichen Gründen könne das Verwerfen von CO2 –freier Elektrizität durchaus problematisch sein, etwa wenn zur gleichen Zeit noch Strom mit Hilfe von Kohlekraftwerken produziert wird. „Eine Flexibilisierung des Stromsystems könnte die Überschüsse jedoch deutlich reduzieren und sollte deshalb energiepolitisch Priorität haben“, erklärt Schill. „Dazu kann eine Vielzahl von Maßnahmen beitragen, etwa die Absenkung des Must-Runs konventioneller Kraftwerke oder eine bedarfsgerechtere Verstromung von Biomasse “ So könnte der Stromüberschuss aus Wind- und Solarenergie im Jahr 2032 von über 18 Prozent auf unter zwei Prozent der möglichen Jahreserzeugung sinken. Schill hält eine solche Flexibilisierung durchaus für realistisch. „Es wäre völlig unplausibel, wenn ein von variablen erneuerbaren Stromerzeugern dominiertes System im Jahr 2032 oder gar 2050 noch genauso unflexibel wäre wie heute.“

Zwar mahnt der Energieexperte dringend eine Flexibilisierung des Stromsystems an, die den Speicherbedarf sinken lässt. Die allgemeine Bedeutung von Speichern werde in einem immer stärker auf Erneuerbaren Energien basierenden System aber zunehmen. Speicher können beispielsweise zur Abdeckung der Nachfrage an windstillen Abenden oder zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen beitragen, so Schill. „Energiespeicher werden in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen, auch wenn der Bedarf zur Speicherung von Überschüssen geringer ist als allgemein gedacht. Aus energiepolitischer Sicht ist daher die weitere Förderung von Forschung und Entwicklung geboten, damit die erforderlichen Speichertechnologien mittel- und langfristig auch tatsächlich zur Verfügung stehen.“

Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
                                                                 News_V2