Artikel vom 04.01.2006, Druckdatum 22.11.2024

Europaweite Auswirkungen des Gasstreits

Globalisierung einmal anders herum: Der Streit zwischen Russland und der Ukraine um die Gasexporte wirkt sich auch auf Deutschland und seine europäischen Nachbarn aus. Bis zu einem Drittel weniger als die vertraglich vereinbarte Gasmenge meldeten Österreich, Ungarn, Rumänien, Polen. Auch Frankreich erreicht seit Jahresbeginn etwa 25 bis 30 Prozent weniger Gas als vereinbart. Erst nach heftigen Beschwerden der finanzstarken ...

... Kunden aus West- und Mitteleuropa pumpte der russische Gasprom-Konzern kurzfristig weitere 95 Millionen Kubikmeter Gas Richtung Westen, so dpa. Der vom Kreml kontrollierte Konzern hatte der Ukraine am Neujahrsmorgen den Gashahn zugedreht, nachdem diese sich weigerte, einen fast fünfmal höheren Gaspreis zu bezahlen. Da die Pipeline nach Europa aber mitten durch die Ukraine verläuft, ist dieses Unterfangen nicht ganz so einfach durchzusetzen.

Laut dpa hatte Gasprom die Exportmenge Richtung Europa um den Anteil der Ukraine gekürzt. Statt wie bisher 480 Millionen Kubikmeter pro Tag schickten die Russen nur noch 360 Millionen Kubikmeter durch die Röhren und bestimmten diese Menge „allein für die Kunden im Westen“. Als diese über Lieferverluste klagten, bezichtigte Gasprom die Ukraine der illegalen Gasentnahme. Was diese allerdings weit von sich weist. Zwar räumt die Ukraine laut dpa ein, auch nach dem russischen Boykott Gas aus den Leitungen zu nehmen. Es handle sich hierbei allerdings um turkmenisches Gas, für das ein gültiger Kaufvertrag bestünde.

Zwar hat Russland zwischenzeitlich weitere 95 Millionen Kubikmeter Gas nachgeliefert, um vor allem die Kunden in Europa zu befriedigen. Dennoch belastet der Konflikt die Versorgungssicherheit. Das Problem sind laut dpa unter anderem die Verträge zwischen den beiden Kontrahenten. Derzeit sei völlig unklar, so der ehemalige Wirtschaftsberater des Kremls, Andrej Illarionow, welcher Liefervertrag überhaupt gelte. Tatsächlich sei zwar der bisherige Gasprom-Vertrag mit dem ukrainischen Versorger Naftogas Ukrainy zum Jahresende 2005 ausgelaufen. Gleichzeitig bestünde aber weiterhin ein Abkommen zwischen den Regierungen beider Länder, das bis 2009 Bestand habe, so der Berater. Dieses Abkommen – und das ist der springende Punkt – garantiere der Ukraine die Gaslieferungen zum alten Billigtarif.

Dazu komme, dass die Ukraine bereits früher russisches Gas verbraucht hätte, „ohne streng genommen dafür zu bezahlen“, so dpa. Denn der Großteil des von den Russen im Jahr 2004 an die Ukraine gelieferten Gases wurde mit den entstandenen Transportkosten für den Gas-Transit nach Europa verrechnet.

Sowohl das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) als auch der EU-Parlamentarier Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses, befürworten deshalb ein gemeinsames europäisches Energie-Konzept als Reaktion auf den unklaren Konflikt. Die EU, so das DIW, müsse Druck machen und den Ernst der Situation klar machen. Vor allem müsse der Ausbau der Importe aus Russland ernsthaft überlegt werden. Man mache sich dadurch noch abhängiger von einem „relativ schwierigen Partner“, erklärt die Energie-Expertin des DIW, Claudia Kemfert, dazu.

Auch die Verbraucherzentralen warnen vor einer langfristig schwierigen Entwicklung. „Je weniger Quellen zur Verfügung stehen, umso abhängiger ist man vom Preisdiktat“, erklärte der Energieexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband, Holger Krawinkel, am Dienstag in einem dpa-Gespräch in Berlin. Nach seiner Ansicht ist der Anteil von Erdgas im deutschen Wärmemarkt mit fast 50 Prozent zu hoch. Er plädiert deshalb unter anderem für den Ausbau der erneuerbaren Energien und fordert zudem mehr Anstrengungen im Bereich der Gebäudesanierung. Nur so könnten die Abhängigkeiten reduziert werden.

Quelle: dpa, verivox

Autorin: Petra Forberger für www.solarportal24.de










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