BUND-Bilanz 2011: Fukushima, „halber“ Atomausstieg und Agrarreform-Flop
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will im kommenden Jahr unter anderem die Durchsetzung der Energiewende ins Zentrum seiner Arbeit stellen. „Fukushima 2011 steht wie Tschernobyl 1986 und Harrisburg 1979 für die Risiken der Atomkraftnutzung. Deshalb muss dem halben Atomausstieg in Deutschland 2012 der ganze folgen“, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. 2012 soll außerdem die intensive Beteiligung der Bürger/innen und ihrer Verbände bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle einer der Schwerpunkte des BUND sein.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will sich im kommenden Jahr verstärkt bei der Durchsetzung ökologischer Agrarreformen engagieren. „2012 muss die Bundesregierung zeigen, dass sie die Lokomotive der EU-Agrarreform ist und nicht die Blockiererin. Natur und Umwelt, die Tiere und die Menschen müssen die Kollateralschäden der industrialisierten Landwirtschaft und Tierhaltung ausbaden. Umweltschutzauflagen müssen endlich entscheidende Kriterien bei der Vergabe von Agrarsubventionen werden“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Bereits am 21. Januar werde es anlässlich der „Grünen Woche“ in Berlin eine große Demonstration für einschneidende Korrekturen in der deutschen und europäischen Agrarpolitik geben. „Die nächsten Monate entscheiden über Top oder Flop der Agrarreform. Es geht um mehr Tierschutz, mehr Schutz der Verbraucher vor ungesunden Lebensmitteln und um ein Ende der Preisdrückerei“, sagte Weiger.
Neben der Agrarreform werde der BUND 2012 die Durchsetzung der Energiewende ins Zentrum seiner Arbeit stellen, sagte der BUND-Vorsitzende. Die Anti-Atomproteste Hunderttausender Menschen im zurückliegenden Jahr hätten deutlich gemacht, dass die Bevölkerung den Ausstieg aus der gefährlichen Atomtechnologie und den Umstieg auf eine hundertprozentige Stromversorgung aus regenerativen Energien wolle. Der BUND werde darauf dringen, dass beim Umbau der Energiewirtschaft die Interessen von Betroffenen und Anwohnern einbezogen würden.
„Die Demonstrationen für einen schnelleren Atomausstieg, die wir 2011 zusammen mit anderen Organisationen auf die Beine gestellt haben, waren Grundlage für die energiepolitische Kurskorrektur der Bundesregierung nach Fukushima“, sagte Weiger. „Fukushima 2011 steht wie Tschernobyl 1986 und Harrisburg 1979 für die Risiken der Atomkraftnutzung. Deshalb muss dem halben Atomausstieg in Deutschland 2012 der ganze folgen“, sagte der BUND-Vorsitzende. 2012 werde der BUND außerdem die intensive Beteiligung der Bürger/innen und ihrer Verbände bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle zu einem seiner Schwerpunkte machen. Mit dem stetig wachsenden radioaktiven Atommüllberg werde nachfolgenden Generationen ein unverantwortbares Erbe aufgebürdet.
Verhindert werden müsse auch, dass der Atomausstieg auf Kosten des Klimaschutzes geschehe. „In Deutschland dürfen keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden. Stattdessen muss alles getan werden, um die großen und leider immer noch brachliegenden Potentiale beim Energiesparen, der Energieeffizienz und beim Ausbau der Windkraft besser zu nutzen“, sagte Weiger.
Ein wichtiger Erfolg beim Klimaschutz in Deutschland sei 2011 die Verhinderung des Gesetzes zur unterirdischen Verpressung des Klimagases CO2 gewesen. Der Energieriese Vattenfall habe deshalb den Bau eines Pilotkraftwerks auf Basis der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) in der Nähe von Berlin absagen müssen. International sei der Klimaschutz hingegen kaum vorangekommen. Die Staatengemeinschaft habe sich beim Weltklimagipfel im südafrikanischen Durban leider nicht auf konkrete Maßnahmen zur CO2-Minderung geeinigt.
Im Naturschutz sei es 2011 gelungen, wertvolle Biotope für gefährdete Arten und am ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen, dem „Grünen Band“, zu sichern. 2012 rechnet der BUND mit entsprechenden Beschlüssen des EU-Parlaments für den Bereich entlang des gesamten früheren Eisernen Vorhangs, dem „Green Belt Europe“. Die Entscheidung der Unesco, fünf deutsche Buchenwälder als Weltnaturerbe auszuweisen, sei ein großer Erfolg im „UN-Jahr der Wälder 2011“. Mitgewirkt habe der BUND auch bei wichtigen Grundsatzurteilen des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg. So habe das EuGH die Klagerechte gegen industrielle Großvorhaben wie z.B. Kohlekraftwerke gestärkt. Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz der Natur, des Wassers oder der Luft könnten künftig durch Umweltverbände gerichtlich geahndet werden. Auch das EuGH-Urteil über die Zulässigkeit der Einbeziehung des Flugverkehrs in den EU-Emissionshandel nütze dem Umwelt- und Klimaschutz.
Großen Anteil habe der BUND außerdem am EU-weiten Verbot von Bisphenol A in Babyflaschen. Hingegen sei beim Schutz von Kindern vor gefährlichen Chemikalien in Kitas noch kein Fortschritt erkennbar. Schuld daran sei die Untätigkeit von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, die ihre Verantwortung wegschiebe und das Problem aussitzen wolle.
Rechtsgeschichte sei 2011 unter fachlicher Mitwirkung des BUND vom Bundesverfassungsgericht geschrieben worden. Es hatte eine Klage des Landes Sachsen-Anhalt gegen das Gentechnikgesetz mit der Begründung abgewiesen, die Gentechnik greife in elementare Strukturen des Lebens ein. Schutzmaßnahmen gegen Verunreinigungen von Lebensmitteln mit gentechnischen Bestandteilen seien somit zulässig.
Der BUND hat 16 Landesverbände und ist mit rund 480.000 Mitgliedern, Förderer/innen und Spender/innen die größte föderal strukturierte und basisdemokratische Natur- und Umweltschutzorganisation Deutschlands. 2011 wuchs die Mitgliederzahl um fünf Prozent auf derzeit etwa 290.000.
Quelle: Bund für Umwelt- und Naturschutz e.V. (BUND)
|