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09.08.2012

10 Jahre Jahrhundertflut: Elbe-Hochwasserschutz nach wie vor mangelhaft

Zehn Jahre nach der Hochwasserkatastrophe an Elbe und Donau hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den Umgang mit den Flüssen in Deutschland gerügt. Es gebe zwar Verbesserungen beim Hochwasserschutz wie erste Deichrückverlegungen und ein punktueller Rückbau von Siedlungen in Überschwemmungsgebieten. Diese dürften jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei einem wiederholten extremen Anstieg des Elbepegels wieder zu milliardenteuren Schäden und zum Verlust von Menschenleben kommen könne, sagt BUND-Vorsitzender Hubert Weiger.

„Bundesregierung und Elbanrainer-Länderregierungen haben nach der Jahrhundertflut 2002 vor der Presse versprochen, den Flüssen mehr Raum zu geben. Und kaum hatten sie den Presseraum verlassen, war das Versprechen schon vergessen“, sagt Weiger. Sämtliche bisher umgesetzten Maßnahmen könnten die Wassermassen von 2002 bei weitem nicht aufnehmen. Auch in Sachsen seien riesige Summen vor allem in technische Maßnahmen zum Hochwasserschutz investiert worden. Versäumt worden sei hingegen der ökologische Hochwasserschutz mit dem Schwerpunkt der Auenrenaturierung, so der BUND-Vorsitzende.

Zudem würden weiter teure Maßnahmen zur angeblichen Verbesserung der Schiffbarkeit auf der Elbe durchgeführt, die dem Gewässerschutz schadeten und sich wegen des starken Rückgangs der Güterschifffahrt nicht lohnten, sagt der BUND-Vorsitzende. „Tourismus, Hochwasser- und Naturschutz, das sind die Zukunftsbranchen an der mittleren und oberen Elbe“, sagt Weiger. Er fordert Bund und Länder auf, intensiv nach weiteren möglichen Wasser-Rückhalteflächen zu suchen. Die Schaffung zusätzlicher Feuchtgebiete könne den Wasserhaushalt in den Flusseinzugsgebieten stabilisieren und wäre zudem ein wertvoller Beitrag zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten.

„Schon vor dem Jahrhundert-Hochwasser 2002 hatte die internationale Kommission zum Schutz der Elbe 35.000 Hektar als mögliche Flächen für Auenrenaturierungen und Deichrückverlegungen identifiziert. Realisiert oder in Umsetzung begriffen sind weniger als fünf Prozent davon“, sagt der BUND-Flussexperte Winfried Lücking. „Der Wasserrückhalt in der Fläche wird vernachlässigt. Da auch das Elbe-Einzugsgebiet über Gräben oder Drainagen entwässert wird, verlieren Wiesen, Wälder, Sümpfe und Moore weiter ihre natürliche Schwammfunktion. Und was an der Elbe gilt, gilt auch für die meisten anderen Flüsse in Deutschland“, sagt Lücking.

Der BUND-Flussexperte beklagte auch Verzögerungen beim Hochwasserschutz. So werde inzwischen seit Jahren über Rückdeichungen entlang der Sude, einem niedersächsischen Elbe-Nebenfluss, debattiert, ohne dass eine Weiterführung des Projektes in Sicht sei. Die geplante Vertiefung der Unterelbe für die Zufahrt noch größerer Schiffe zum Hamburger Hafen berge ebenfalls Hochwasserrisiken, sagt Lücking. Eine Vertiefung verursache das Trockenfallen von Flachwasserzonen und ein schnelleres und höheres Auflaufen von Sturmfluten.

„Unter Blinden ist der Einäugige zwar König. Aber auch Sachsen und Sachsen-Anhalt dürfen sich nicht auf Teilerfolgen beim Hochwasserschutz ausruhen“, sagt Wolfgang Riether, Landesgeschäftsführer des BUND in Sachsen. „Mit den nach 2002 investierten Geldern sind in den Überschwemmungsgebieten vor allem Gebäude und Verkehrswege wiederhergestellt worden. Und Hunderte Millionen Euro wurden für technische Hochwasserschutzmaßnahmen wie Deichverstärkungen, den Bau von Rückhaltebecken und Uferbefestigungen ausgegeben, zuwenig aber zur Vorbeugung vor Überflutungen und für den ökologischen Hochwasserschutz.“ 

Dies liege am mangelnden politischen Willen und am Druck der Bau- und Agrarlobby. Es fehle außerdem an geeigneten Strategien zur Anpassung an die wegen der Klimaerwärmung auftretenden extremen Hoch- und Niedrigwasserstände der Flüsse. Aufgegeben werden müsse auch das Vorhaben, den Fluss ganzjährig schiffbar zu machen. „Es sind die Bundesländer gewesen, die das nationale Hochwasserschutzgesetz aufgeweicht haben“, so der BUND-Vorsitzende Weiger. „Sie verhinderten ein generelles Bauverbot in Flussauen und stärkere Restriktionen bei der landwirtschaftlichen Nutzung potentieller Überschwemmungsflächen.“ 

Vorbeugender Hochwasserschutz dürfe nicht länger darauf reduziert werden, Stauanlagen zu bauen oder Deiche zu erhöhen. Dies suggeriere den Anwohnerinnen und Anwohnern zwar mehr Sicherheit, erhöhe aber zugleich die Gefahr stärkerer und höherer Flutwellen am Unterlauf der Flüsse. „Eine zeitgemäße und zukunftsfähige Flusspolitik stellt sich der Aufgabe, die ökologischen Potenziale der Gewässer zu erkennen, sie wiederherzustellen und zu sichern“, sagt Weiger. 

Quelle: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

  

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